Nachstehend die Predigt von Altbischof Maximilian Aichern, welche er bei der Internat. Wallfahrt 2020 nach Tasswitz und der Klemenskirche hielt.
DIE NÄCHSTE INTERNAT. WALLFAHRT NACH TASSWITZ findet am Samstag, den 4. September 2021 (Festgottesdienst: 11:00 Uhr mit Kan. Bischofsvikar P. Lorenz Voith) statt. Anschl. Programm für Kinder und Familien und einfache Agape. Eine Ausschreibung zur Mitfahrt ab Wien folgt.
Predigt von Altbischof Maximilian Aichern OSB (Linz) beim Festgottesdienst der Wiener Wallfahrt zum 200. Todestag von Klemens Maria Hofbauer in Tasswitz am 5. 9. 2020 Lesung: 1 Kor 3, 6-11; Evangelium: Lk 10, 1-9
Geschätzte, liebe Wallfahrtsgemeinschaft!
Der hl. Klemens Maria Hofbauer, dessen 200. Todestag heuer begangen wird, hat auch für unsere Zeit eine besondere Aktualität. Kardinal Schönborn und der frühere Wiener Apostolische Nuntius Zurbriggen
haben mit Recht darauf hingewiesen, dass Hofbauer in seiner Bedeutung als Glaubenserneuerer sehr an Papst Franziskus erinnert. Für den Heiligen war die soziale Not ebenso wichtig wie die geistige. Er war in seiner Gläubigkeit ausgerichtet auf das Evangelium, hat die Nöte der Menschen, besonders der Großstadtbewohner, gesehen und sich dafür eingesetzt. Er hat an den damaligen Zuständen der Kirche und der Seelsorge sehr gelitten und war bereit, neue Wege in der Verkündigung des Evangeliums und der Sorge für die Menschen zu gehen. Seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass der Glaube und das kirchliche Leben in Wien wiedererweckt und in unserer Heimat das religiöse Leben neu entfacht wurde.
Der Heilige ist als Johannes Hofbauer 1751 hier in Tasswitz (Tasovice) geboren. Diese Pfarre gehörte zum ehemaligen Prämonstratenserstift Klosterbruck (Louka) in Znaim (Znoimo). Das Stift Klosterbruck bestand von 1190 bis zur Aufhebung unter Kaiser Josef II. 1784. Zur Klostergemeinschaft gehörten inkorporierte Pfarren, wie Tasswitz, aber auch ein Knabengymnasium, eine theologische Lehranstalt, diverse Wirtschaftsbetriebe und eine Buchdruckerei. Johannes Klemens erlernte das Bäckerhandwert in Znaim. Wahrscheinlich durch Vermittlung seines Heimatpfarrers, der Prämonstratenser von Klosterbruck war, arbeitete Johannes Hofbauer in Klosterbruck als Aushilfsbäcker, Diener des Abtes und konnte dabei die Lateinschule besuchen.
Hofbauer, wie man sieht, hat oft Grenzen überschritten und kann so als echter Europäer bezeichnet werden. Er wollte Priester werden. Weil er in Wien keine geeignete Möglichkeit für seine Ausbildung zum Priester sah, ging er nach Rom, lernte dort den jungen Redemptoristenorden kennen, dem er sich als erster Deutscher anschloss und zum Priester geweiht wurde. Mit einem Mitbruder wurde er nach Wien für eine Klostergründung gesandt. Weil ihnen das durch das damalige Staatskirchentum unmöglich gemacht wurde, begannen sie in Warschau mit der Seelsorge, gründeten Waisenhäuser, Schulen und Handwerksschulen, schufen in St. Benno ein religiöses Zentrum und gewannen zahlreiche Ordensberufungen. 1808, nach der Vertreibung aus Polen durch die napoleonischen Truppen, kam P. Hofbauer erneut nach Wien, wirkte einige Zeit an der Dom- und Pfarrkirche St. Stephan, dann an der Minoritenkirche und dann vor allem als Rektor der Klosterkirche St. Ursula. Er war Beichtvater und Spiritual der Ursulinen und Geistlicher Begleiter von Studenten, Adeligen und einfachen Menschen. Er kümmerte sich persönlich um Leute in Not und versorgte sie fast täglich mit Brot und Suppe. Er bereitete vor, dass noch in seinem Todesjahr die Redemptoristen die Wiener Kirche Maria am Gestade mit der Erlaubnis zur Klostergründung bekamen. An dieser Kirche wirkte seinerzeit der jeweilige Passauer Offizial in Wien. Der letzte Passauer Offizial dort war Ernest Johann N. Reichsgraf von Herberstein, welcher der erste Bischof der neuen Diözese Linz im Land ob der Enns wurde. P. Klemens Maria Hofbauer starb am 15. März 1820 in Wien an einem Virus und wurde 1909 von Papst Pius X. heiliggesprochen und 1914 zum Stadtpatron von Wien erklärt.
Klemens Maria Hofbauer und der von ihm getragene Hofbauer-Kreis, zu dem auch der spätere Wiener Erzbischof und Kardinal Othmar Rauscher und der Linzer Bischof Thomas Ziegler OSB sowie Dichter der Romantik wie Joseph Eichendorff und Zacharias Werner gehörten, haben wesentlich dazu beigetragen, dass die negativen Auswirkungen des Staatskirchentums und der nachwirkenden Aufklärung seit Kaiser Josef II. durch Kaiser Franz I. von Österreich und Staatskanzler Metternich aufgearbeitet werden konnten.
Der hl. Klemens Maria Hofbauer hat mit großem Einsatz das verwirklicht, wozu Jesus im gehörten Evangelium seine Jünger beauftragt: Die Frohe Botschaft vom gekommenen Gottesreich den Menschen zu verkünden, ungute Geister zu vertreiben und Kranke zu heilen. Er hat viele Priester und Ordensleute, vor allem aber junge Menschen, für diesen Dienst in der Ernte Gottes gewonnen, sie begeistert und begleitet. Er hat vor allem auch sozial-karitative Berufe gefördert. Er hat die seelsorglichen Hausbesuche neu belebt. Er war ein Mann der Einfachheit, auch der einfachen Sprache, ein Mann der Tat und des Vertrauens auf die Hilfe Gottes. Er hat – wie Paulus im Ersten Korintherbrief von sich schreibt – als Baumeister den Grund gelegt, wo andere weiterbauen konnten. Wir verdanken ihm viel und können ihn als Vorbild für unsere heutige Zeit nehmen. Auch heute geht es darum, das Wirken der Kirche den Erfordernissen der Zeit anzupassen, Menschen neu für das Spirituelle zu begeistern und ein einsatzbereites Ja zur Kirche trotz ihrer Reformbedürftigkeit zu sagen.
Der Redemptoristen-Orden hält die Erinnerung an den hl. Klemens Maria Hofbauer bei uns lebendig. Auch die Bäcker, deren Patron der Heilige ist, tragen durch den seit mehr als 100 Jahren in Wien bestehenden Brauch der Klemens-Brote für Bedürftige zur Erinnerung an ihn und seine Anliegen bei. Vieles aus seinem Leben und Wirken kann uns heute Hilfe und Vorbild sein: der verstärkte persönliche Kontakt zu den Menschen, ein visionäres Denken mit einem großen Herzen, das Ernstnehmen der Erfordernisse und Zeichen der Zeit, – auch wir erleben jetzt Katastrophen wie die Virus-Covid-19 Pandemie und Klimaprobleme –, das Ansprechen aller Sinne bei den Gottesdiensten, das Ertragen der eigenen Schwächen mit Humor, der Mut nicht aufzugeben sowie die enge Verbindung von Seelsorge und Fürsorge. Wie dem hl. Klemens Maria gilt auch uns die Einladung Jesu: Geht zu den Menschen! Verkündet und verwirklicht meine Botschaft!
Schwestern und Brüder! Lassen wir auch heute unseren Herrn Jesus Christus in unser Leben ein und nehmen wir ihn in unsere heutige Welt herein, so wie einst Klemens Maria Hofbauer! Praktizieren wir heute das Evangelium, so wie er einst! Vergessen wir dieses Ziel nie, verlassen wir diesen Weg nie und verlieren wir den Mut dazu nie! Lassen wir uns die Freude am Menschsein und die Freude am Christsein nie durch etwas nehmen! Amen.
+ Maximilian Aichern OSB, Bischof emeritus von Linz