Papst Franziskus schreibt zum Welttag für Geistliche Berufe am 25. April 2021. Er nimmt sich den hl. Josef als Vorbild.
Das St. Klemens Hofbauer-Komitee unterstützt seit seiner Gründung immer wieder auch Projekte der Berufepastoral.

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Geistliche Berufe vor allem: Diözesanpriester, Ordensfrauen und Ordensmänner, Ständige Diakone, Mitglieder in Säkularinstituten, aber auch Katecheten und Missionare weltweit,

—Aus dem Schreiben des Papstes:

Gott sieht das Herz (vgl. 1 Sam 16,7), und im heiligen Josef erkannte er ein väterliches Herz, das im Alltag Leben zu schenken und hervorzubringen vermochte. Dazu nämlich neigen Berufungen: jeden Tag Leben hervorzubringen und wiederherzustellen. Der Herr möchte väterliche Herzen, mütterliche Herzen formen – offene Herzen, die fähig sind, sich mit vollem Schwung einzusetzen, die großzügig sind, sich selbst hinzugeben, mitfühlend, um Ängste zu trösten, und fest, um Hoffnungen zu stärken. Dessen bedürfen das Priestertum und das geweihte Leben, besonders heute, in Zeiten, die von Zerbrechlichkeit und Leid geprägt sind auch aufgrund der Pandemie, die Unsicherheiten und Ängste im Hinblick auf die Zukunft und den Sinn des Lebens selbst hervorgerufen hat. Der heilige Josef kommt uns mit seiner Sanftmut, als Heiliger von nebenan entgegen; gleichzeitig kann sein starkes Zeugnis uns auf unserem Weg leiten.

 

Traum

Der heilige Josef bietet uns drei Schlüsselwörter für die Berufung eines jeden von uns. Das erste ist Traum. Alle träumen im Leben davon, sich zu verwirklichen. Und es ist richtig, große Hoffnungen zu hegen, hohe Erwartungen, welche vergängliche Ziele – wie Erfolg, Geld und Vergnügen – nicht zu befriedigen vermögen. Wenn wir die Menschen bitten würden, den Traum des Lebens in einem einzigen Wort auszudrücken, wäre es in der Tat nicht schwer, sich die Antwort vorzustellen: „Liebe“. Es ist die Liebe, die dem Leben Sinn gibt, weil sie sein Geheimnis offenbart. Das Leben hat man nämlich nur dann, wenn man gibt, man besitzt es nur dann wirklich, wenn man sich vollständig schenkt. Der heilige Josef hat uns in dieser Hinsicht viel zu sagen, denn durch die Träume, die Gott ihm eingab, hat er sein Leben zu einer Gabe gemacht.

Die Evangelien berichten von vier Träumen (vgl. Mt 1,20; 2,13.19.22). Es waren göttliche Rufe, aber sie waren nicht leicht anzunehmen. Nach jedem Traum musste Josef seine Pläne ändern und sich selbst einbringen, dafür aber seine eigenen Pläne opfern, um Gottes geheimnisvollen Plänen nachzukommen. Er vertraute ganz und gar. Wir aber mögen uns fragen: „Was war denn schon ein nächtlicher Traum, dass man so viel Vertrauen in ihn setzen konnte?“ Wie sehr auch in alter Zeit einem Traum viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, so galt er dennoch wenig im Vergleich zur konkreten Lebenswirklichkeit. Der heilige Josef ließ sich jedoch ohne Zögern von Träumen leiten. Warum? Weil sein Herz auf Gott ausgerichtet war, ihm gegenüber schon bereit war. Seinem wachsamen „inneren Ohr“ genügte ein kleiner Hinweis, um Gottes Stimme zu erkennen. Das gilt auch für unsere Berufungen: Gott liebt es nicht, sich auf spektakuläre Weise zu offenbaren und so unserer Freiheit Gewalt anzutun. Behutsam übermittelt er uns seine Pläne; er blendet uns nicht mit strahlenden Visionen, sondern wendet sich feinfühlig an unser Inneres, er macht sich uns vertraut und spricht zu uns durch unsere Gedanken und Gefühle. Und so, wie er es beim heiligen Josef tat, bietet er uns hohe und überraschende Ziele an.

 

Dienst

Ein zweites Wort kennzeichnet den Weg des heiligen Josef und seiner Berufung: Dienst. Aus den Evangelien geht hervor, wie er ganz für andere und nie für sich selbst lebte. Das heilige Volk Gottes nennt ihn keuschester Bräutigam und offenbart damit seine Fähigkeit zu lieben, ohne etwas für sich zu behalten. Indem er die Liebe von jeder Form des Besitzens befreite, öffnete er sich nämlich für einen noch fruchtbareren Dienst: Seine liebevolle Fürsorge erstreckt sich über die Generationen hinweg, seine aufmerksame Obhut ließ ihn zum Schutzpatron der Kirche werden. Er ist auch der Patron eines guten Todes, denn er wusste die Selbstlosigkeit des Lebens zu verkörpern. Sein Dienst und seine Opfer waren jedoch nur möglich, weil sie von einer größeren Liebe getragen wurden: »Jede wahre Berufung kommt aus der Selbsthingabe, die die reifere Form des bloßen Opfers ist. Auch im Priestertum und im geweihten Leben ist diese Art von Reife erforderlich. Dort, wo eine eheliche, zölibatäre oder jungfräuliche Berufung nicht die Reife der Selbsthingabe erreicht und allein bei der Logik des Opfers stehen bleibt, wird sie kaum zu einem Zeichen für die Schönheit und die Freude der Liebe werden, sondern womöglich den Eindruck von Unglück, Traurigkeit und Frustration erwecken« (ebd., 7).

 

Der Dienst, konkreter Ausdruck der Selbsthingabe, war für den heiligen Josef nicht nur ein erhabenes Ideal, sondern gehörte zum täglichen Leben. Er bemühte sich, einen Ort für die Geburt Jesu zu finden und entsprechend herzurichten; er tat alles, um ihn vor der Wut des Herodes zu schützen und organisierte eine rechtzeitige Reise nach Ägypten; er kehrte unverzüglich nach Jerusalem zurück, um den verlorenen Jesus zu suchen; er unterhielt seine Familie durch seine Arbeit auch in einem fremden Land. Mit einem Wort, er passte sich den verschiedenen Umständen an mit der Haltung eines Menschen, der nicht den Mut verliert, wenn das Leben nicht so verläuft, wie er es sich wünscht, mit der Bereitschaft dessen, der lebt, um zu dienen. In diesem Geist nahm Josef die zahlreichen und oft unvorhergesehenen Reisen seines Lebens auf sich: von Nazaret nach Betlehem zur Volkszählung, dann nach Ägypten und wieder nach Nazaret sowie Jahr für Jahr nach Jerusalem – jedes Mal gewillt, neuen Umständen zu begegnen, ohne darüber zu klagen, was passierte, und bereit, Hand anzulegen, um die Situationen in Ordnung zu bringen. Man könnte sagen, dass er die ausgestreckte Hand des himmlischen Vaters für seinen Sohn auf Erden war. Er kann also nur ein Vorbild für alle Berufungen sein, die eben dazu gerufen sind, die eifrigen Hände des Vaters für seine Söhne und Töchter zu sein.

 

Treue

Neben dem Ruf Gottes – der unsere größten Träume erfüllt – und unserer Antwort – die sich im bereitwilligen Dienst und in der aufmerksamen Sorge verwirklicht – gibt es einen dritten Aspekt, der sich durch das Leben des heiligen Josef und die christliche Berufung zieht und ihren Alltag prägt: die Treue. Josef ist »gerecht« (Mt 1,19), in der arbeitsamen Stille eines jeden Tages hält er sich beharrlich an Gott und seine Pläne. In einem besonders schwierigen Moment fängt er an, „über alles nachzudenken“ (vgl. V. 20). Er sinnt nach, überlegt: Er lässt sich nicht von der Eile beherrschen; er gibt nicht der Versuchung nach, vorschnelle Entscheidungen zu treffen; er handelt nicht impulsiv und lebt nicht nach dem Augenblick. Alles verrichtet er in Geduld. Er weiß, dass man die Existenz nur auf einem steten Festhalten an großen Entscheidungen aufbaut. Dies entspricht dem duldsamen und beständigen Fleiß, mit dem er den bescheidenen Beruf des Zimmermanns ausübte (vgl. Mt 13,55). Damit füllte er nicht die Chroniken seiner Zeit, sondern beeinflusste den Alltag eines jeden Vaters, eines jeden Arbeiters, eines jeden Christen durch die Jahrhunderte hindurch. Denn wie das Leben reift auch die Berufung nur in der Treue eines jeden Tages.

vgl. www.canisius.at